Chemnitz – und der Algorithmus von Facebook


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Ich lebe in Hong Kong und kriege deshalb nicht viel aus meiner alten Heimat in Zentraleuropa mit. In diesen Tagen ist ein Thema aber wieder richtig aus der Masse herausgestochen: Chemnitz.

Heute morgen bin ich dann auf einen Post auf Mobilegeeks.de gestossen. Alle Zitate sind aus diesem Artikel. Aber zuerst einmal der Reihe nach. Was ist passiert? 

Nach einem Stadtfest ist in Chemnitz in der Nacht von Samstag auf Sonntag ein 35-jähriger Mann niedergestochen worden. Der Mann erlag seinen Verletzungen und in der Folge wurden sowohl ein Syrer als auch ein Iraker von der Polizei in Gewahrsam genommen. Sehr schnell berichteten sowohl Rechte als auch viele Medien, dass der Deutsche einer Frau zu Hilfe kommen wollte, die von den dringend Tatverdächtigen sexuell belästigt wurde, woraus dann die für ihn tödliche Attacke resultierte.

Der rechte Mob organisierte sich am Sonntag erstaunlich schnell, initiiert von der als rechtsextremistisch bekannten Chemnitzer Ultra-Gruppierung „Kaotic Chemnitz“ und demonstrierte am Sonntag in einer Stärke von 800 bis 1000 Menschen.

Dumm war nun aber vor allem eines. Die Geschichte mit der belästigten Frau stimmte einfach nicht. Dies wurde von der Polizei bestätigt. Und so nahm die Geschichte seinen lauf. Fakten wurden nicht geprüft und die Masse wurde angehetzt. Artikel Autor Carsten Drees dazu:

Was mich zusehends mehr Energie, Nerven und Zuversicht kostet, ist dann das, was nach einer solchen Aktion stattfindet. Das geht schon damit los, dass viel zu viele Medien dumm genug (oder quotengeil genug) sind, unbestätigten Mist zu veröffentlichen, obwohl die Polizei dazu auffordert, genau das nicht zu tun.

Ich hab mich zu diesen Geschichten jetzt schon öfter auf dem Blog geäußert und ihr werdet festgestellt haben, dass ich zusehends ratloser und desillusionierter werde. Einfach aus dem Grund, weil weiterhin die Medien (Bild und Focus vorneweg) freudig als Brandbeschleuniger fungieren und diese einmal angestoßene Welle des Hasses, der Ausländerfeindlichkeit und der bemerkenswerten Empathie-Freiheit einfach dann nicht mehr zu stoppen ist.

Das Thema Facebook und sein Algorithmus wird dabei auch zu einem Thema. Einmal mehr haben, die bereits lange von Facebook angekündigten Kontrolle-Mechanismen, versagt. Ich persönlich zweifle sogar, ob diese je einmal funktionieren werden.

Wer ein bisschen was in der Birne hat, weiß das natürlich und ist pfiffig genug, verschiedene Quellen zu checken, bevor man eine Falschmeldung auf die Reise schickt. Leider sind es aber viel zu viele Menschen, die entweder tatsächlich schlicht ausländerfeindlich sind, oder die diese Mechanismen nicht begreifen. Für die ist Facebook oft gleichbedeutend mit „dem Internet“ und wenn die eben fünf mal am Tag lesen, was Flüchtlinge anstellen und nie lesen, was Rechte anstellen, dann bekommen die halt ein schräges Bild von Deutschland. Es sind also nicht alles Nazis, die merkwürdige News und Meinungen teilen, sondern leider auch viel zu oft Leute, die die sozialen Medien und die Filterblasen-Nummer nicht ganz begriffen haben.

Die Aussage von Carsten Drees trifft es hier ziemlich genau. Ich sehe dies auch in Asien ziemlich oft. Während gerade im Südosten Asiens Facebook als Newsportal benutzt wird (News Apps werden oft gar nicht installiert), treibt der Algorithmus eine einseitige Sicht auf die Geschehnisse im Land an. Regierungen haben dies in Asien (leider) oft erkannt und nutzen diese Newsstreams für Ihre Zwecke. Chinas Regierung ist da wohl führend.

Den gesamten Artikel gibt es drüben bei Mobilegeeks.de. Und er zeigt auf, weshalb Medien- und Internetkompetenz eines der wichtigsten Fächer in der Schule sein sollte.


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